
Manchmal tragen wir Träume über Jahre in uns – stille Sehnsüchte, die auf den richtigen Moment warten, um zum Leben erweckt zu werden. Doch was, wenn die Zeit noch nicht reif ist oder das Leben uns andere Prioritäten vorgibt? Oft braucht es ebenso viel Mit etwas zu beginnen, wie es Mut braucht es wieder loszulassen, wenn es gerade nicht in unser Leben passt. In meinem heutigen Beitrag teile ich einen meiner Träume mit dir. Es geht um meine Liebe zur Klaviermusik, vom Zögern und Warten – und vom Vertrauen darauf, dass alles im Leben seine Zeit hat. Viel Freude beim Lesen.
Ich liebe es, Klaviermusik zu lauschen und kann dabei ganz wunderbar entspannen. Schon als Kind wollte ich lernen Klavier zu spielen. Doch leider kam es nicht dazu. Stattdessen lernte ich Flöte spielen und erhielt damit zumindest einen Einstieg in das eigene Musizieren.
Das Klavierspielen ließ mich nicht los. Als Studentin kaufte ich mir ein Keyboard und versuchte, mir das Spielen selbst beizubringen. Es machte mir Spaß, der Erfolg war allerdings nur mäßig – es war eher ein On-Off-Projekt. Die Liebe zur Klaviermusik und der Wunsch, selbst diese Töne zu erzeugen, bei denen ich mich so fallen lassen konnte, blieben.
Viele Jahre später, zu meinem 40. Geburtstag, wagte ich einen neuen Versuch. Ich wünschte mir ein E-Piano und meldete mich in der Musikschule zum Unterricht an. Leider waren alle Plätze belegt und ich erhielt einen Platz auf der Warteliste. Also entschied ich mich für eine Privatlehrerin. Ich nahm regelmäßig Unterricht, übte und spielte Klavier. Es war wunderschön, mit meinen eigenen Händen Melodien zu produzieren und die Theorie dahinter zu lernen.
In der Coronazeit wurde es für mich schwieriger, Inseln für das Klavierspielen zu schaffen. Vielleicht war es auch, weil neue Dinge in mein Leben traten und meine Aufmerksamkeit und Hingabe forderten. Es war die Zeit, in der „Komm und verweile“ entstand. Irgendwann setze ich mich nur noch selten ans Klavier und nahm keinen Unterricht mehr. Es war erstmal vorbei, Zeit für eine Pause.
Ungefähr zwei Jahre vergingen, bis sich die Musikschule wieder bei mir meldete und mir einen Platz anbot. Ich war auf der Warteliste an die erste Stelle gerutscht. Doch ich spürte sofort, dass es nicht die richtige Zeit war und sagte ab. Doch ich bat darum, auf der Warteliste stehen zu bleiben.
In diesem Sommer kam erneut ein Anruf. Gleichzeitig meldete sich die Sehnsucht, es doch noch einmal zu probieren. Ich sagte zu.
Am Montag hatte ich meine erste Klavierstunde in der Musikschule. Anders als erwartet, setze ich mich allerdings nicht gleich ans Klavier, sondern meine Lehrerin wollte mich kennenlernen. Wir sprachen darüber, warum ich hier bin, was ich mir wünsche und wie ich regelmäßig üben kann.
Um das regelmäßige Üben zu ermöglichen, sollte ich eine Liste mit all den Dingen erstellen, die meine Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Danach sollte ich überlegen, an welcher Stelle ich meine Übungszeiten einbauen kann. In dieser Stunde sammelte ich meine Gedanken und Wünsche und schrieb sie auf. Zurück zu Hause erstellte ich dann die Liste mit all meinen Aufgaben. Es war viel, und meine Tage waren voll. Eine leise Stimme in mir fragte: Ist das wirklich der richtige Zeitpunkt, etwas Neues zu beginnen? Hast du nicht schon genug um die Ohren, genug Dinge, die deine Zeit beanspruchen?
Gestern setzte ich mich ans Klavier und holte meine alten Notenblätter hervor. Ich spielte. Doch es fühlte sich nicht so leicht an, wie ich es mir gewünscht hatte. Stattdessen war es schwer. Ich dachte: Noch eine Aufgabe, noch etwas, in dem ich besser werden möchte. Ich spürte tief in mir, ich war nicht bereit dafür.
Diese Erkenntnis machte mich traurig, denn die Sehnsucht, selbst so schön Klavier spielen zu können, ist noch immer da. Doch im Moment fehlt mir die Zeit dafür und andere Dinge haben eine höhere Priorität.
„Alles im Leben hat seine Zeit, und deshalb braucht auch alles seine Zeit.“
Schweren Herzens musste ich mir eingestehen, dass die Zeit, das Klavierspielen zu lernen, für mich noch nicht gekommen ist.
Heute griff ich zum Telefon und rief meine Klavierlehrerin an, um den Unterricht abzusagen. Es war ein wunderbares Gespräch, und meine Lehrerin zeigte großes Verständnis. Es fiel mir nicht leicht, aber es fühlte sich richtig an. WENIGER IST MEHR. Gerade brauche ich weniger, nicht mehr. Ich darf Lücken in meinem Alltag zulassen und dem Drang widerstehen, sie mit Dingen zu füllen, die ich schon immer mal machen wollte.
Nun fühlt es sich gut und leicht an. Ich habe auf die leise Stimme in mir gehört und sie laut werden lassen. Ich habe NEIN gesagt, obwohl es mir schwerfiel. Es hat funktioniert, und ich habe wieder etwas über mich und das Leben gelernt.
Vielleicht kannst auch du etwas daraus mitnehmen.
Wir lesen uns bald wieder,
Christiane
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Hey Christiane,
grade erkenne ich mich in deinem Text wieder!
Wie gerne würde ich Klavier spielen lernen. Die Vorraussetzungen sind gegeben, das Klavier ist da und meine Tochter bespielt es. Wie einfach wäre es mit Unterricht anzufangen – doch dann die leisen Fragen: „Wann willst du denn üben. Du hast doch eh kaum Zeit im Alltag. – Was ist, wenn du dann die Lust verlierst, nur weil das Timing nicht gestimmt hat? Und dann als „gescheitert“ das Projekt aufgibst?“
Ich schwanke immer hin und her… Deshalb kann ich deinen Text sehr gut nachvollziehen… Mal sehen, vielleicht lese ich bald von dir, dass du gestartet hast mit deinem Unterricht und dir dann einen Kommentar da lassen, dass ich auch gestartet bin…
Viele Grüße
Anette
Liebe Anette, oh wie schön, diese Zeilen von dir zu lesen. Es hat viel Überwindung gekostet, es erstmal sein zu lassen, das entnimmst du ja meinen Zeilen. Doch es gibt tatsächlich einen kleinen Trost. Immer donnerstags hat meine jüngste Tochter Gitarrenunterricht bei einem tollen Lehrer. Er bringt ihr das Spielen mit so viel Leichtigkeit, Freude und Spaß bei, dass ich jede Woche wieder gern dabei sitze, lausche und lerne und daheim immer mal wieder für ein paar kurze Momente, die Gitarre in die Hand nehme und darauf spiele. Das hat so eine Leichtigkeit und bringt mir doch schöne, selbst produzierte Melodien ans Ohr. Und das tut sooo gut und ist, für jetzt, viel besser als Klavierunterricht. Der richtige Moment wird kommen und dann wird es uns packen, Freude bereiten und uns gut tun. Herzliche Grüße, Christiane